Im ersten Teil zum Pflege-Stärkungsgesetz II haben wir Ihnen die Veränderung der Pflegestufen hin zu den Pflegegraden erläutert. Heute möchten wir Ihnen das neue Begutachtungsassessment (NBA) vorstellen.
Dem geht voraus, dass der Pflegebedürftigkeitsbegriff im PSG II neu definiert wird. Viele Experten hatten das schon jahrelang auf ihrer Forderungsagenda. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde oft kritisch beurteilt, da er nicht ausreichend pflegefachlich fundiert ausgerichtet ist. Eine Ausrichtung auf die Defizitorientierung und die Alltagsverrichtung in den Bereichen Mobilität, Ernährung, Körperpflege und hauswirtschaftliche Versorgung wurde schmerzlich vermisst. Zudem wurden kognitive oder psychische Beeinträchtigung zu wenig berücksichtigt. Das soll sich jetzt ändern.
Ab 1. Januar 2017 ist der Pflegebedürftigkeitsbegriff wie folgt definiert:
1. Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigung der Selbstständigkeit aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere
bedürfen.
2. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Belastung oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht
selbstständig kompensieren oder bewältigen können.
3. Die Pflegebedürftigkeit muss (unverändert) auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate bestehen.
Durch diese neue Definition ändert sich der Bewertungsmaßstab der Pflegebedürftigkeit. Erstmals findet eine Gleichstellung von Pflegebedürftigen mit kognitiven
Erkrankung und psychischen Störung mit denen körperlicher Beeinträchtigung statt. Hierdurch und durch die Orientierung am Grad der Selbstständigkeit werden die Pflegebedürftigen endlich gleich
behandelt.
Ab 2017 werden bei der Einstufung in die fünf unterschiedlichen Pflegegrade sechs pflegefachlich begründete Kriterien beim Patienten geprüft:
1. Mobilität
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung
5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit Krankheit-
oder therapiebedingten Anforderung und Belastungen
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Nach der Prüfung in den sechs Bereichen wird eine Gesamtbewertung vorgenommen, um darauf eine Einstufung in die Pflegegrade vorzunehmen. Die einzelnen Module fallen
jeweils mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtbewertung ein.
Beim Modul 1, der Mobilität, wird beispielsweise bewertet wie die Person sich innerhalb ihres Wohnbereiches fortbewegen kann. Dieser Bereich wird mit 10 %
gewichtet.
Beim Modul 2, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, wird unter anderem die örtliche und zeitliche Orientierung geprüft.
Das Modul 3, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, ist unter anderem die Feststellung, ob Wahnvorstellung vorliegen oder nächtliche Unruhen
herrschen.
Modul 4, die Selbstversorgung, beobachtet inwieweit die zu pflegende Person noch in der Lage ist, sich selber zu waschen oder aber inwieweit das problemlose An- und
Auskleiden noch möglich ist. Dieses Modul wird mit 40 % am stärksten in die Gesamtbeurteilung einfließen.
Das Modul 5 nimmt Bezug auf die krankheits- oder therapiebedingten Anforderung und Belastung, beispielsweise inwieweit die Person noch in der Lage ist, die eigene
Medikation zu stellen. Dieser Bereich wird mit 20 % gewichtet.
Bei Modul 6, der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte, geht es im Wesentlichen darum, dass der Tagesablauf im Bezug auf die Gestaltung und Anpassung
an Veränderungen beurteilt wird. Hier wird auch die Frage gestellt, ob sich die Person noch alleine beschäftigen kann und inwieweit eine Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes
stattfindet. Dieser Bereich wird mit 15% gewichtet.
Nach einem Punktesystem werden alle untersuchten Bereiche am Ende aufsummiert, sodass dann die Einteilung in den entsprechenden Pflegegrad stattfinden kann.
Bezüglich des Moduls 2 und 3 fließt lediglich das Modul mit dem höheren Wert zu 15% in die Gesamtpunktzahl ein.
Wir danken unserem ehemaligen Mitarbeiter M. Schmikale für die Anregung und Mitwirkung zu diesem Beitrag.
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Gerda (Dienstag, 12 September 2017 11:36)
Meine Tante ist schon ziemlich alt und nach der chirurgischen Operation braucht sie viel Hilfe zu hause, deswegen ich nach der Info über die ambulante Pflegedienst suche. In diesem Artikel habe ich wirklich nützliche Momente gefunden, die man beachten muss, z. B. ab 2017 sechs pflegefachlich begründete Kriterien beim Patienten geprüft werden. Bevor diesen Artikel wusste ich auch nicht, dass die Pflegebedürftigkeit muss (unverändert) auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate bestehen. Marcel, vielen Dank für den guten Artikel mit sehr nützlicher Info.
Marcel (Dienstag, 12 September 2017 11:47)
Hallo Gerda,
bei weiteren Fragen kannst du uns auch gerne unter der 04401980055 anrufen.
Gruß
Marcel